Stollen für israelische Kameraden

Benjamin (Name geändert) und Christoph sind sehr enge Freunde. Beide sind Reservisten, Benjamin in der Golani-Brigade der israelischen Armee und Christoph ist Reservist der Bundeswehr. Als die Nachricht der Katastrophe vom siebten Oktober 2023 eintrifft, erhält Benjamin seinen Einberufungsbescheid. Für Benjamin ist es selbstverständlich, sein Land zu verteidigen, für Christoph wäre es das ebenfalls. Keine Sekunde würde jeder von ihnen zögern.

Christoph sitzt im friedlichen Bayern, als die Kampfeinheit Benjamins in den Einsatz fährt. Wie es dem Freund wohl geht? Kriegsbilder flimmern über die Flachbildschirme. WhatsApp klingelt. Ein Bild von Benjamin. Er ist Vater geworden, sein Sohn wurde geboren. Er bekommt zwei Tage Front-Urlaub. Das Bild zeigt ihn mit seinem Neugeborenen auf der Brust, das Sturmgewehr daneben an der Wand gelehnt.

Christoph will helfen und spricht mit den Kameraden des MARKO und der  Reservistenkameradschaft München-Ost. Was brauchen israelische Soldaten? Die Einrichtung eines Spendenkontos bei Amazon Israel scheitert.

Man berät. Wollen wir etwas Nettes aus Bayern schicken? Benjamin ist wieder im Einsatz. Was kann die Stimmung der Kameraden der israelischen Armee aufhellen? Stimmung geht durch den Magen. Ohne Mampf kein Kampf, sagt man in der Bundeswehr. Die Wahl fällt auf Stollen, das klassische deutsche Wintergebäck.

Christoph findet einen Bäcker in Berlin, der koscheren Stollen herstellen kann, der aber gerade kein gültiges Zertifikat mehr hat. Rabbi Ehrenberg in Berlin ist begeistert und stellt das Zertifikat unbürokratisch am nächsten Tag aus. Man bestellt 50 Stollen, die Mitglieder der Reservistenkameradschaft helfen bei der Finanzierung.

Damit fangen die Probleme aber erst an: Wie transportiert man 50 Stollen nach Israel, damit sie zu Chanukka, dem jüdischen Lichterfest, auch rechtzeitig ankommen? Ein anderes Mitglied der Reservistenkameradschaft steht in gutem Kontakt zum Kommando Luftwaffe. Es ist bekannt, daß der Inspekteur der Luftwaffe hervorragende Kontakte nach Israel hat. Vielleicht sollte man dort mal nachfragen? Die Flugbereitschaft der Luftwaffe prüft.

Aus einem früheren Projekt besteht ein guter Kontakt zu Arye Sharuz Shalicar, dem Pressesprecher der israelischen Armee, der in Berlin aufgewachsen ist und naturgemäß Berliner Dialekt spricht. Arye war auch einmal ein deutscher Wehrpflichtiger, bevor er nach Israel ging, um dort zu studieren und dann in der Armee Karriere zu machen. Arye ist begeistert.

Ebenfalls begeistert ist der bayerische Antisemitismusbeauftragte Dr. Ludwig Spaenle, der die Beteiligten auch schon aus dem früheren Projekt mit Arye kennt. Seine lakonische Nachricht ist: „Wir machen mit. LGLS“

Kurz darauf kommt der Stein ins Rollen. Die Luftwaffe informiert, es gibt am Samstag, 09. Dezember einen Flug. Da kann der Stollen entladen werden. Er ist damit passend zum Chanukka im Land. Die Deutsche Botschaft nimmt sich der Sache an.

Nachdem es keine Hürden mehr für den Transport gibt, zündet die nächste Rakete. Der Bayerische Staatsminister Markus Blume unterstützt das Projekt. Christoph und Markus, Vorstand im MAKRO, werden in den Bayerischen Landtag zu einem Fototermin eingeladen. Im Plenum findet die Aktuelle Stunde des Landtags zu Antisemitismus statt. Minister Blume und Dr. Spaenle übergeben den beiden Reservisten symbolisch einen Stollen auf einem Silbertablett.

Der Stollen auf dem Silbertablett ist ab sofort ein Symbol. Er steht für die unverbrüchliche und uneingeschränkte Solidarität und Kameradschaft deutscher Soldaten und Reservisten mit ihren israelischen Kameraden.

Der Bundestagsabgeordnete Florian Hahn, Mitglied im Verteidigungsausschuss des Bundestages macht mit, schickt ein Bild von sich mit einem Stollen auf einem Silbertablett. Es gibt kein Halten mehr. Der Kommandeur des Landeskommandos Bayern, General Hambach, organisiert ein Foto mit der Präsidentin der israelitischen Kultusgemeinde, Charlotte Knobloch, mit einem Stollen auf einem Silbertablett. Mehrere Kommandeure der Einheiten, in denen die Münchner Reservisten dienen, schließen sich an.

Die Geschichte wäre zu schön, gäbe es nicht eine Tragödie: Am Tag vor der geplanten Übergabe, am 12. Dezember, gerät eine Einheit der Golani-Brigade in einen Hinterhalt, zehn Soldaten sterben. Keine gute Zeit für süße Geschenke. Damit ist klar: Es wird kein Geschenk zu Chanukka mehr. Aber auch dunkle Kräfte können das Symbol der Kameradschaft nicht aufhalten:

Arye konnte die Stollen nun aus den Händen des deutschen stellvertretenden Militär-Attachés, Oberstleutnant Bauer, die Stollen entgegennehmen. Er wird sie in den nächsten Tagen an die Kameraden der der Golani-Brigade weitergeben können. Benjamin, Christophs Freund, wird inmitten des Kriegs koscheren deutschen Stollen genießen können. Es ist ein herzlicher Gruß zu Chanukka, damit das Licht die Dunkelheit verdrängt. Und es ist auch ein kleines Wunder.

 


Bericht der BILD-Zeitung:
https://www.bild.de/regional/muenchen/muenchen-aktuell/von-der-bundeswehr-in-muenchen-stollen-gruss-fuer-israels-front-soldaten-86395792.bild.html


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