MAKRO-Themenabend „Führungskultur“

„Die wichtigste Aufgabe einer Armee ist das Bestreben, Ordnung ins Chaos zu bringen:  Wir leben in einer VUKA-Welt“. Der Begriff steht für Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität. Führung ist dabei die Schlüsselfähigkeit, um Recht und Freiheit mit den nötigen militärischen Mitteln zu sichern und damit die Kernkompetenz der Bundeswehr.

Führung und die dazu nötige Kultur ist aber auch für zivile Unternehmen ein wichtiges Thema, da sie denselben Entwicklungen ausgesetzt sind. Die Abendveranstaltung „Führungskultur und Führungskräfteausbildung in Bundeswehr und Industrie“, die vom Münchner Arbeitskreis Reserveoffiziere (MAKRO e.V.) zusammen mit der IHK München organisiert worden war, beschäftigte sich mit der Frage: Was kann die Wirtschaft von der Bundeswehr lernen?

Der Schirmherr des Abends, der CSU-Fraktionsvorsitzende im Bayerischen Landtag, Klaus Holetschek, betonte ebenso wie der Hauptgeschäftsführer der IHK, Dr. Manfred Gößl, die Wichtigkeit, Unternehmen und Streitkräfte weiter zusammenzubringen und ein gegenseitiges Verständnis zu fördern.

Der Träger der Tapferkeits-Medaille der Bundeswehr und Keynote-Speaker des Abends, Brigadegeneral Jared Sembritzki, hob hervor, daß Führung auch das prägende Thema seiner gesamten militärischen Laufbahn war. Die Innere Führung, die den Menschen in den Mittelpunkt des Handelns stellt und die Menschenwürde als zentralen Wert definiert, ist dabei eine Konstante seit Gründung der Bundeswehr und verbindlicher Richtwert für alle Soldaten der deutschen Streitkräfte. Wie führt man aber Menschen in einem Einsatz? Für Sembritzki sticht vor allem die Charaktereigenschaft „Authentizität“ hervor. Ein militärischer Führer müsse das verkörpern, wofür er steht. Die Fürsorge für seine Truppe einerseits, aber auch der klare Plan für das gemeinsame Handeln binde die Soldaten an ihren militärischen Führer andererseits. Es beginne mit dem Denken, drücke sich aus in der Sprache und zeige sich in der Entschlossenheit, die in der Formulierung der eigenen Absicht erkennbar sei.

Führungskräfte müßten auch unter Unsicherheit bereit sein, Entscheidungen zu suchen. Das Grundprinzip „Führen mit Auftrag“ erfordere dabei, daß sie die Absicht der übergeordneten Führung verstehen und im Sinne der übergeordneten Führung handeln.

Bei der Umsetzung des Auftrags seien sie innerhalb ihres Verantwortungsbereichs frei. Voraussetzung seien eine gelebte Fehlerkultur, aber auch ein gemeinsames Verständnis von Taktik und ein gemeinsamer Zeichenvorrat, um in Krisensituationen der chaotischen Natur eines Gefechts begegnen und Kräfte und Mittel geordnet einsetzen zu können.

Da nur etwa 10 Prozent der Nachwuchs-Führungskräfte diese Eigenschaft bereits mitbrächten, ziele die Führungskräfte-Ausbildung der Bundeswehr darauf ab, den anderen 90 Prozent die Grundsätze der Führung zu vermitteln, den Charakter zu formen und die Methoden in die Hand zu geben, um gute militärische Führer zu werden.

In der anschließenden Panel-Diskussion ging es um die Schnittstellen zur Wirtschaft. Neben dem aktiven General Sembritzki waren die Panel-Teilnehmer zum Teil Reserveoffiziere und damit mit den Denkweisen militärischer Führung vertraut, brachten aber auch ihre zivile Erfahrung aus den jeweiligen Firmen ein. Die Frage des Moderators Werner Reuß vom Bayerischen Rundfunk, welche Kerneigenschaften eine Führungskraft in einem Unternehmen besitzen müsse, führte zu Begriffen wie Vertrauen, Herzensbildung, Risikobereitschaft, Empowerment, Can-Do-Mentalität.
„Führungskräfte müssen Menschen mögen!“ – dies war Marc Zizmann, dem Personaldirektor der Taurus-Schmiede MBDA, besonders wichtig. Prof. Dr. Frank Walthes, Vorsitzender des Vorstandes der Versicherungskammer Bayern und Oberstleutnant der Reserve, erinnerte sich an einen Spruch an der Wand der mittlerweile verlagerten Münchner Pionierschule: „Wissen bildet den Mann, Charakter formt ihn zum Führer“. Dr. Nils Kluger, zuständig für die Personalgewinnung bei Bosch-Siemens-Hausgeräte und Hauptmann der Reserve, betonte, daß das Konzept der „Kleinen Kampfgemeinschaft“ in der Teamführung durchaus auch in der Wirtschaft anwendbar sei, auch wenn der im Militär so zentrale Begriff der Kameradschaft nicht in gleicher Weise übertragen werden könne. Prof. Dagmar Schuller, Vizepräsidentin der IHK und Gründerin eines Unternehmens, das sich mit angewandter KI beschäftigt, fand, daß es durchaus einen Unterschied gebe, wie Männer und Frauen führen, in der Umsetzung und in der Methodik spiele dies aber keine so große Rolle, denn in jedem Fall stünde Authentizität im Mittelpunkt.

In der anschließenden Diskussion mit dem Publikum wurde besonders klar, daß Micromanagement, aber auch Meetings ohne Ergebnisse schwer auf den Unternehmen lasten, und damit Problemfelder sind, in denen die Ausbildungsprinzipien der Bundeswehr hilfreich sein können.

Die Bedeutung des Dialoges zwischen Wirtschaft und Bundeswehr wurde auch dadurch unterstrichen, daß das Landeskommando Bayern durch Brigadegeneral Hambach und seinen Stellvertreter, Oberst Knuth Jung, das Karrierecenter der Bundeswehr durch Oberstleutnant Andreas Haberkern und die Universität der Bundeswehr durch ihre Präsidentin, Prof. Dr. Eva-Maria Kern, vertreten waren. Im anschließenden Meet&Greet konnten die Teilnehmer ihre Erfahrungen weiter austauschen und ihre Netzwerke pflegen. Auch der Präsident des Bayerischen Soldatenbundes, Oberst a.D. Richard Drexl, konnte sich mit den anwesenden Führungskräften intensiv austauschen und bezeichnete die Veranstaltung als für die Gesellschaft als notwendig, richtungsweisend und zeitgemäß.


Markus Heller, M.A., Leutnant d.R.
Fotos: © Bundeswehr/Scheller


Schreibe einen Kommentar